Stress – Distress – toxischer Stress

Stress bezeichnet in der Medizin und Psychologie psychische und körperliche Reaktionen auf Situationen, welche als Herausforderung gesehen werden müssen. Solche erleben wir Alle täglich. Stress, die normalen, belastenden Herausforderungen von Körper, Psyche und Geist im täglichen und erträglichen Rahmen ist trainierbar und ausbaubar. Jeder Mensch hat oft bereits im Schulalter ein Berufs-Ziel. Dieses kann noch wechseln, wird dann definitiv und darin will er dann Entwicklungsschritte durchlaufen und eine Karriere auf sich nehmen bis an die Grenze seiner Belastbarkeit. Jeder Mensch hat seine persönliche Grenze der Belastbarkeit.  

Die Leistungsfähigkeit eines Menschen ist daran messbar, wie gut er seine herausfordernden Aufgaben durch körperliche, psychische oder geistige Leistungen bewältigen kann. Die Leistungsfähigkeit kann trainiert werden, was vor allem für Herz, Kreislauf und Bewegungsapparat zutrifft. Sport in vernünftigem Ausmass, ausgewogene Ernährung, genügende Flüssigkeitszufuhr und ein Körpergewicht «im Gelben BMI-Bereich sind gut

Aus verschiedensten Gründen können Menschen irgendwann auch die Freude an ihrer Tätigkeit verlieren. «Freude» kann man jedoch weder trainieren oder sich selbst befehlen. Man kann Zufriedenheit, inneren Frieden und Gelassenheit anstreben. Alternativ kann auch der Arbeitsort oder die Arbeitsbedingungen oder ein Wechsel der Ziele in Betracht gezogen werden.

Wenn auch dazu Motivation, Kraft und die Möglichkeit fehlen, fährt man eben fort wie bisher. Das ist nicht gut, weil die Situation weiterhin kränkend wirkt.
Die Veranlagungen bleiben, die Überlastungen bleiben, die Symptome werden deutlicher, die Krankheit bedrohlicher, die Medizin kann immer weniger helfen, zuletzt bleibt Palliativ-Medizin als worst-case scenario». 

Der Grund: Körperlich Überlastendes oder auch unbearbeitetes emotional Bedrückendes äussert sich früher oder später als Symptom. In der Regel tritt dieses in einem Organ auf, das durch Vererbung geringer belastbar ist. Auch die Fähigkeit oder die Bereitschaft zu Leistung kann im Kontext mit anderen Schwächen reduziert sein.
Der Patient ist aus dem Zustand des bisher bewältigen Stress, definitiv im Zustand des (toxischen) Distress angekommen.

Bleibt nur noch Arbeit für den Spezialisten für psychosomatische Medizin?  Folgendes kann helfen, dem Zusammenbruch zuvorzukommen. 

DISTRESS als Auslöser von Krankheit 

Jeder Mensch erbt von seinen biologischen Eltern und indirekt auch von weiteren Vorfahren eine Menge an Veranlagungen. Dies sind Stärken, die diesen Nachkommen zu aussergewöhnlichen Leistungen befähigen. Es werden aber auch individuelle Schwächen weiter-vererbt, die ihn für gewisse Krankheiten anfälliger und insgesamt weniger belastbar für Leistungen machen. Toxischer Distress ist der auslösende Trigger, welcher die geerbte, bei allen Menschen vorhandene Veranlagungen provoziert, resp. aktiviert. Die Überschreitung der körperlichen und psychischen Belastbarkeitsgrenze führt zu entsprechenden Krankheiten, die sich vorerst als Symptome äussern. Ohne Gegenmassnahmen kommt es früher oder später deutlich zur manifesten Krankheit. Deren Behandlung zieht Kostenfolgen nach sich. Akute, und erst recht chronische Überbelastung (= toxischer Distress) kann sowohl durch äußere Umstände als auch aufgrund inner psychischer Konflikte entstehen.

Symptome sind der Ausdruck dafür, dass das normalerweise stabile innere Gleichgewicht der Körper-Funktionen und/oder eines Organs gestört worden ist. Wenn eine Überlastung und/oder zusätzlich eine ungesunde Lebensführung, sich beeinträchtigend auf das Befinden des Menschen auswirkt, treten Symptome auf. 
Die Bandbreite an als Bedrohlich-Empfundenem ist in der Intensität und Häufigkeit des Auftretens unterschiedlich, je nach geerbten Anfälligkeiten und Konstitution des Menschen. Jeder Mensch kommt mit einem speziellen und individuell gearteten Gesundheitsprofil zur Welt.

Überlastung erzeugt Symptome. Der betroffene Mensch nimmt sie wahr.
Bei Kleinkindern ist die Fähigkeit noch gering, ihr Unbehagen, ihren Schmerz oder ihre Angst mitzuteilen: sie bringen es durch Weinen und Unruhe zum Ausdruck. Junge Mütter müssen noch lernen, welches der Grund des Weinens sein könnte: Durst? Hunger? Nasse Windeln? Schmerzen nach einem unbemerkten Sturz? Rötung oder Schwellung der Haut? Schmerz bei Berührung oder leichtem Druck irgendwo am Körper? Fieber? Husten? Schwere Atmung? Etc. 

Nun müssen die Eltern dieses ersten Kindes, wie ihre eigenen Eltern damals auch, Erfahrungen machen, Wissen und Kompetenzen erweitern. 
Diesen Lernprozess müssen sowohl die Mutter (hoffentlich auch der Vater!) dieses ersten, und evtl. weiterer Kinder dieser Familie durchmachen.
Die Kinder wollen und müssen das Leben erfahren, müssen ihr Befinden und ihre Bedürfnisse, Unangenehmes und Beängstigendes erkennen und mitteilen können.

Das sind erste von vielen weiteren Schritten im Aufwachsen des Kindes zum Erwerb seiner eigenen Gesundheits- und Sozialkompetenz. So ist es z.B. bereits früh gefordert, auch Schmerzen zu ertragen und v.a. sie den Betreuenden mitzuteilen.  

Menschen haben zwischen Geburt und Volljährigkeit und auch später im Leben immer wieder die Aufgabe, Symptome als bloss scheinbare oder als tatsächliche bedrohende zu erkennen und zu verstehen, dies mitzuteilen und ein Stück weit auch zu ertragen.  Kompetente Eltern mit ihren bereits erworbenen Fähigkeiten und durch ihr Vorbild helfen Ihnen dabei.  Der Umgang mit Erfahrungen kann erlernt werden!

«Man kann seine Kinder nicht erziehen, sie machen uns eh Alles nach»

sagte der Komiker Karl Valentin. Das ist so! Deshalb: Liebe Eltern und Erziehende, seid ein gutes Vorbild!

EUSTRESS

Das Wort «Stress» muss in seiner Bedeutung differenziert und breit verstanden werden. Folgende Begriffe sind zu unterscheiden:  

EUSTRESS gegenüber DISTRESS, resp. TOXISCHER STRESS 

Eustress, auch "positiver Stress" genannt, zeigt sich bei allen Menschen als Motivation, als Herausforderung zum Nachdenken, Reden, Schreiben, Tun oder Handeln. Herausforderungen können Vergnügen oder Spass mit sich bringen, aber auch mit Arbeit und Anstrengung verbunden sein. Herausforderungen kommen dem menschlichen Grundbedürfnis entgegen, Leistung zu erbringen. Dies gibt den Menschen Gelegenheit, seine Fähigkeiten zum Beispiel im Sport, durch anstrengende Arbeit, oder auch als künstlerisches Gestalten, als hohe intellektuelle Leistung etc. zu trainieren und zu steigern. Schon das Kind will für seine Leistung gelobt werden. Auch die Auseinandersetzung mit Kränkungen oder Schicksalsschlägen kann geübt werden. Der Mensch in seiner Ganzheit von Körper, Psyche und Geist wird durch Herausforderungen trainiert und wird belastbarer für zukünftige Herausforderungen.
Eustress ist nötig und wirksam: das Kleinkind baut aus Bauklötzen spielerisch Häuser, weil es dafür gelobt werden will. Der Schüler lernt das Lösen von schwierigen Rechnungsaufgaben, der Student versucht, komplexe Differenzial- Rechnungen zu lösen, der Forscher sucht Herausforderungen in wissenschaftlichem Neuland etc. Alle tun das, weil sie eine Leistung erbringen wollen. Gelegentlich aber auch, weil sie auf Druck der Eltern etwas tun müssen, ohne es zu wollen: warum denn Klavierspielen üben, statt mit Freunden Fussball zu spielen und vielleicht darin Profi zu werden ....

Eustress kann Menschen zu hohen Leistungen motivieren, inspirieren und befähigen. Dadurch wird der Mensch auch fähig, auf ernsthafte existentielle Bedrohungen wirksam zu reagieren.

DISTRESS der auch «toxisch» wirken kann 

Eine existentiell auch lebensbedrohende Situation erfordert es, gegen Bedrohung aktiv zu werden. Die Optionen sind folgende: 

«fight, flight or freeze» Kampf, Flucht oder Erstarren, der sogenannte Totstell-Reflex

Die ersten beiden Handlungsmuster sind verständlich. Beide Optionen erfordern «Fitness» des Bedrohten in Körper und Psyche, sowie den geistigen Willen dazu! Im Zustand des «freeze» erstarrt und der Bedrohte bewegt sich nicht mehr, um sich der Wahrnehmung der bedrohlichen Situationen zu verweigern. Dies ist eine Form der Dissoziation, bei der der Mensch wie in einem Schock erstarrt.  Früher nannte man dies «Nervenzusammenbruch». 

Distress wirkt anders als Eustress. Im Gegensatz zum positiven und ertüchtigenden Eustress kann akuter, aber auch chronisch anhaltender Distress die körperliche und psychische Leistungsfähigkeit überfordern und beeinträchtigen. Distress überschreitet in diesem Fall die persönliche Grenze der Belastbarkeit und kann das Leben gefährden. Deshalb kommt es zu warnenden Symptomen, bevor eine lebenswichtige Funktion nur noch reduziert abläuft oder ganz zusammenbricht und damit das Leben in Gefahr bringt. Die Natur des Menschen macht mit dem alarmierenden Symptom auf die Gefahr aufmerksam. Handlungsbedarf ist unbedingt angezeigt. Nun müssen dringend medizinische Dienstleistungen zum Einsatz kommen. Die konventionelle «Schulmedizin» schafft dies zunehmend erfolgreich mit ihren Medikamenten und Massnahmen.  

Die ausgeübte Medizin muss v.a. die Alltagskrankheiten besser passend behandeln und nicht vorwiegend bloss die Symptome beseitigen. Die konventionelle Medizin wirkt gegen viele Alltagskrankheiten zu drastisch. Sie putzt «erfolgreich» Symptome weg, ohne die Veranlagungen, die Konstitution zu berücksichtigen und auch prophylaktisch zu wirken.  

Symptome werden als Diagnose interpretiert, ohne dass die tiefere Ursache und der auslösende Trigger berücksichtigt und bearbeitet wird.  Das gesundheitliche Problem wird nur aufgeschoben, jedoch nicht definitiv aufgehoben.
Nächste Szene: Rückfall in das alte oder Schaffung eines scheinbar neuen Problems-> weitere Behandlung -> weitere Kosten-> höhere Prämien -> perpetuum mobile -> Patient leidet und bezahlt.   

Die Situation heute: 

Wir sind in unserer Evolution recht weitgekommen.  Wir sind nun der übersättigte Teilnehmer an einem Weltgeschehen, dem wir immer weniger gewachsen sind.  Den Herausforderungen durch rasant zunehmend vermitteltes Wissen, Wollen und Müssen sind immer weniger Menschen gewachsen, ohne Schaden zu nehmen. Es klafft eine zunehmend weit offene Schere zwischen Müssen und Können.

Das Ergebnis lautet «toxischer Distress». 

Die Folge ist Krankheit. Die «Medizin» hinkt hintennach. Sie repariert Schäden mit unpassenden Medikamenten ohne heilende und prophylaktische Wirkung. Sie beseitigt Schäden, nicht die Ursache und erzeugt dadurch neue Symptome, neue Behandlungen, neue Kosten.
Diese kursorische Darstellung über normalen Eustress und gesundheitsschädigenden Distress wird ausführlich in meinem demnächst erscheinenden Buch vorgestellt. Darin wird eine dringende Erweiterung des medizinisch-therapeutischen Paradigmas, weitere Massnahmen gegen das permanent steigende Kosten-Wachstum und die chronischen Krankheiten und notwendige Massnahmen an der Wurzel des Problems aufgezeichnet.
Unerlässlich ist zudem (ohne Mitwirkung von Werbung!) eine deutliche Verbesserung der Gesundheitskompetenz der Bevölkerung! Ein die Versicherten finanziell lohnendes Anreizsystem ist sinnvoll. Ideen gibt es genug.

Als Prophylaxe sind dringend die Verbesserung der Belastbarkeit durch vernünftiges Training, Reduktion von toxischem Distress in Arbeit, Privatleben und auch in der Freizeit! sowie die Erweiterung des medizinischen Paradigmas der Behandlungsmethoden nötig.